Und nun spielen wir noch was Schönes (Südkurier 08.07.2014)
Friedrichshafen – Vier Posaunen, eine Orgel: „Tromposi“ und Georg Hasenmüller am Sonntag in St. Columban in Friedrichshafen
Die Posaunisten von „Tromposi“ (Bild) stellten ihr Licht kokett unter den Scheffel – denn nicht nur in der Zugabe entfalteten sie virtuosen Wohlklang. Auch Georg Hasenmüllers Orgelspiel ging unter die Haut. Bild: Bellersheim
„Und nun spielen wir noch was Schönes!“ Klar, dass es doch eher Koketterie war, die zu dieser Ankündigung der zweiten Zugabe führte. Ein nicht so bekannter Choral, gesetzt von Johann Sebastian Bach, „Nun freut euch, Gottes Kinder all“. Passend sowohl zum sakralen Ambiente als auch hoffend, dass das Konzert gefallen hat. Was durchaus mit „ja“ honoriert werden kann.
Händels „Einzug der Königin von Saba“, diese erste Zugabe war fraglos ebenfalls schön, trotz der beiden Vorbehalte der Bläser: Zum einen hatten sie gemeint, dass das viel zu abgedroschen sei, zum andern hatten sie die vielen schwarzen Noten gefürchtet, die kaum ein Atemholen erlauben. Wer weiß, wenn sie noch ein bisschen mehr Gas geben, landen sie vielleicht auch im Guinness-Buch der Rekorde wie David Garrett. Der Applaus wischte hoffentlich all ihre Bedenken fort.
Was liegt bei Bläsern näher für den Beginn eines Konzerts als eine Fanfare! In diesem Fall eine des Barockkomponisten Jeremiah Clarke für Orgel und Posaunen. Aus derselben Zeit stammte die folgende Sonate (ohne Orgel), in der die Posaunisten überzeugend demonstrierten, dass dem Bass nicht nur eine begleitende Funktion obliegt, hatte er doch ebenso haarige Läufe zu bewältigen wie die drei Tenorposaunen, wenngleich die Bassposaune hier mitunter etwas zu laut war.
Die Tromposi fanden schon vor 17 Jahren zusammen als „Jugend musiziert“-Teilnehmer: Bassist Karl Bertsch aus Laupheim und die drei Tenorposaunisten Klaus Merk (Eggmannsried), Frank Martin (Ochsenhausen) und Matthias Stärk (Wangen). Mit Leib und Seele stürzen sie sich auch in sinfonische Musik oder pflegen den Big-Band-Sound. In St. Columban war allerdings Kammermusik angesagt.
Georg Hasenmüller zelebrierte an der Orgel neun Variationen von Bachs „Jesu meine Freude“, komponiert vom Zeitgenossen Johann Gottfried Walther. Verblüffend die Schlichtheit, waren doch die meisten Variationen nur zweistimmig. Für den Organisten eine reizvolle Aufgabe, hier durch Registrierung die passende Klangfarbe zu erzeugen. Wunderbar beispielsweise, wie in Nr. 3 rasche Läufe über dem Pedal „klingeln“. Recht bewegt Salomés „Grand Choeur“, pathetische Romantik mit Reminiszenzen an Meister Bach. Der war schon zuvor zu „Wort“ gekommen: Mindestens ebenso „abgedroschen“ wie die Königin von Saba, jedoch unwiderstehlich unter die Haut gehend und in unglaublicher Gelassenheit gespielt das Arioso (Kantate BW 156), bei dem die Melodie auf zwei Posaunen verteilt war.
Der noch lebende Komponist Désiré Dondeyne (geboren 1921) scheint ein Spaßvogel zu sein. Vieles wirkt parodistisch, der Choral wie eine amerikanische Hymne, das Scherzo wie ein Ragtime, hin und wieder sind bekannte Fragmente versteckt (Marseillaise, Habanera) in seiner Suite, die er schmetternd enden lässt.
Noch viel jünger ist sein amerikanischer Kollege Eric Ewazen (geboren 1954), der schon mit nur 26 Jahren Dozent an der Juillard School in New York City wurde. In seinen „Myths and Legends“ ging es im Adagio märchenhaft-narrativ zu, manchmal swinging im Giocoso.
Eine Überraschung war Bruckners „Inveni David“ in archaischer Moll-Harmonik mit vielen Dreiklängen und Oktavsprüngen und besonders in der Schlussfloskel eine Verbeugung vor der Renaissance. Wozu prächtig die Sonata von Domenico Gabrielli (aus Bologna, nicht aus Venedig!) passte. Schön die Echo-Wirkung durch das Wechselspiel von Orgel und Bläsern.
(Sabine von Bellersheim)