Wohlklang für die Seele (Schwäbische Zeitung Riedlingen 17.08.2018)
Ein Posaunenquartett im Konzert zu hören und in unmittelbarer Nähe zu erleben ist in der konzertanten Szene selten anzutreffen. In Verbindung mit einer Orgel wird dies zu einem Hörerlebnis. Die Kapuzinerkirche bot hierfür den idealen Rahmen.
Seit 1997 musizieren Matthias Stärk, Klaus Merk und Frank Martin (Tenorposaunen) mit Karl Bertsch an der Bassposaune als Posaunenquartett „Tromposi“. Ihre gemeinsame Herkunft aus dem oberschwäbischen Raum spiegelt sich wider im musikalischen Verständnis. Eine Orgel in das musikalische Geschehen mit einzubeziehen, zeugt von musikantischem Weitblick wie die Entscheidung, die Intimität der Kapuzinerkirche einem großen Kirchenraum vorzuziehen.
Der musikalische Gang durch vier Jahrhunderte Musikgeschichte begann mit „O Magnum Mysterium“, das Cristobal de Morales in den Jahren nach 1500 geschrieben hat. Getragen, demütig, anbetend – geprägt durch weitschwingende Passagen der drei Tenorposaunen, getragen von sonoren Toneinheiten der Bassposaune als Basis. Zuvor bildete eine Fanfare von Jeremiah Clarke, 150 Jahre später entstanden, durch die silbrig klingende Mitgestaltung der Orgel den konzertanten Auftakt des Konzerts.
Als erstes Orgelsolo stellte Ludwig Kibler die Toccata undecima aus „Apparatus musico-organisticus“ vor, die Georg Muffat zur selben Zeit verfasst hat. Als Introitus auf klaren Akkorden aufbauend erklingt transparent registriert ein mildes Adagio. Das nachfolgende Allegro steigt thematisch durch eine dezent gehaltene Fuge aus der Tiefe, gelegentlich helltönend umspielt. Meditativ zurückhaltend das Grave, um optimistisch im zweiten Allegro zu enden. Die Zuhörer spürten, dass die neue Orgel in der Kapuzinerkirche als weiteres Kleinod Riedlingens bezeichnet werden kann.
Mit erhabenen Klängen beginnt Georg Philipp Telemann sein „Concerto a 4“. Schon nach wenigen Takten wechselt die musikalische Sphäre in eine Fülle kurz angerissener Tonfolgen, die sich in flottem Allegro-Tempo stetig steigern. Akkurates, absolut gleichmäßiges Musizieren zeigte den hohen Leistungsstand des Quartetts. Von ganz anderem, lyrisch angehauchtem Charakter, das Grave. Es ließ solistische Szenen mühelos ineinanderfließen als Wohlklang für die Seele. Flott, anspruchsvoll und heiter das abschließende Allegro. Trotz einer Vielzahl klar herausgearbeiteter Halbtöne überwog das freudige Musizieren um ein Thema, das als kleine Fuge durch alle vier Instrumente wanderte und in einem strahlenden Schlussakkord seinen Höhepunkt fand.
Dezent, bezaubernd schön, transparent mit feinfühligen Trillern ein Mozartsches Adagio für Glasharmonika; gläubig, ohne störendes Beiwerk, der Brahms-Choral „Schmücke dich, o liebe Seele“, in dem die interpretatorische Vielfalt des Organisten zum Ausdruck kam.
Zur selben Zeit schrieb Anton Bruckner sein „Inveni David“ für vier Posaunen. Mit aufsteigenden unisono-Klängen beginnend, weitet sich das Klangbild zu mehrstimmigen Abschnitten. Vorgaben der Bassposaune werden melodisch dezent oder klangreich im Plenum fortgeführt.
Den Prolog der Orgel mit dezent nach oben tendierender Melodik der „Sonata pian e forte“ von Giovanni Gabrieli nahm das Quartett ebenso feinfühlig auf, um bald in klangreiches Musizieren als organisch agierendes Quintett überzuwechseln. Bläser und Orgel warfen sich musikalische Bälle zu, oft melodisch, taktlich und in der Lautstärke voneinander abgesetzt. Trotz der räumlichen Entfernung von Orgel und Bläsern für die Zuhörer ein Beispiel harmonischer Musizierweise. Solistische Klänge einer Posaune im Altarraum fanden ihr Pendant an der Rückseite der Kirche oder in der Sakristei. Erst danach brachte sich der Bassposaunist von einer anderen Kirchenseite ins Geschehen ein und sorgte bis zum Finale im Altarraum mit der „Jubilee Overture“ von Jean Francois Michel für ein Hörvergnügen.
Moderne Klänge
Nach diesem enorm schwierigen, exzellent interpretierten Werk mit modernen Klängen erwies der Organist Meister Johann Sebastian Bach mit seinem Praeludium in g-moll die Ehre. Auf eine fast choraliter gehaltene Einleitung folgte eine Fülle lebensfroher Passagen in typisch Bachscher Kompositionsweise, mathematisch aufsteigend und deshalb melodisch beeindruckend.
Angekommen in der Moderne beschloss die „Monumental Etude“ des Zeitgenossen Steven Verhelst das auf seine Art faszinierende Konzert. Über solistischen äußerst kurzgefassten und daher extrem schwierigen Passagen der Bassposaune schwelgten die drei Tenorposaunisten in modern-melodischer Harmonie bis zum gemeinschaftlichen fein ausschwingenden Piano. Dieses Bild moderner Klangstrukturen mit wurde mit Wilhelm Nagels „Schöner Nacht“ als feinsinniger Zugabe aufgewertet. Es zeugt von der Tiefe des musikalischen Reichtums des Posaunenquartetts „Tromposi“.
von Kurt Zieger